Tollwütige Hunde und zärtliche Frauenzimmer


„Emblematum Sacrorum“ nennt sich eine Sinnbilder – Sammlung von 1625

-ch- Jever. Das Leben lebt sich leichter, wenn ein fester Maßstab anwendbar auf alle Lebenslagen ist. Ein Beispiel für die Vermittlung solcher Sicherheit ist die Sammlung „schoner geistlichen Lehr undt trost Figuren“, das „Emblematum Sacrorum“, von M. Joh. Saubertum aus dem Jahre 1625. Das Buch zählt zu den Raritäten aus dem historischen Bücherbestand des Mariengymnasiums in Jever.

Herrliche Deckblätter gehen jedem Kapitel der Bildersammlung voraus. Auf dem ersten ist in sauberer Handschrift der Name der Fürstin vermerkt.

Das Emblem bildet in der Literatur des 16. und 17. Jahrhunderts eine eigene Kategorie unter den in der Kunst verwandten Sinnbildern. Innerhalb eines festen Sinnzusammenhangs stellt es abstrakte Inhalte in einer Text – Bild – Kombination konkret dar. In drei Teilen, einem lateinischen Motto mit Übersetzung, einem Kupferstich oder Holzschnitt mit geläufigen Szenen aus dem Sprichwortgut und einem Text vermittelt das Emblem tiefere Erkenntnisse als Erfahrungsinhalt. Etwa 600 bekannte Emblemsammlungen liefern die Schlüssel zu den Feinheiten der Barockliteratur.

Rund 45 Illustrationen und vier prachtvolle Schmuckblätter, „ins Kupffer gebracht von Petrum Isselburger“, zählen zu den Vorzügen dieser Emblem – Sammlung, die in Nürnberg gedruckt und von Jevers Regenten aus Zerbst in die Marienstadt gebracht wurde. In den Texten und Bildern geht es schonungslos offen zu, wo es gilt, das Leben zu zeigen, wie es dem zeitgenössischen Leser als wahrhaftig erschien. So zeigt die Illustration zu „Wider die Hurerey unnd Unreinigkeit“ im Hintergrund eine Jagdszene. Etliche Männer versuchen, einen tollwütigen Hund zu erschlagen. Im Vordergrund des Bildes küßt sich ein Paar. Die Verse lassen keinen Zweifel darüber, daß die Tollwut kaum schlimmer ist als „wann Weibes Mund mit Küssen einen Mann verwundt, da folget Tollheit ungehewr, der arme Mensch vergiftet wird“.

In verschiedenen Handschriften und Tinten haben die Leser des „Emblematum Sacrorum“ in den letzten Jahrhunderten auf den Rückseiten ihre Gedanken festgehalten.

Dem zeitgenössischen Leser mußte es da grausen. Auch die naturalistische Beinamputation mittels Fuchsschwanz ist nichts für zarte Gemüter. Mit dem pädagogischen Hammer droht das Werk aber nicht durchgehend. Wer sich ermahnen läßt, der soll hier auch seine moralische Bestätigung erlangen. „Ein Weib heußlich und frumb, des Mannes Kron und Reichtumb“ heißt es an anderer Stelle. Mit „Die Kron der Jugend ist Zucht und Tugend“ will man schließlich auch den Nachwuchs erreichen: „Der seins Vatters Gebot annimbt und folget gern … dem zierts wie eine Cron das Haupt.“

Nicht nur im 17. Jahrhundert hat das „Emblematum Sacrorum“ von Saubertum seine Leserschaft erreicht. Meisterhafte Kupferstiche mögen ihren Teil dazu beigetragen haben, daß die Sammlung vom Nachschlagewerk ästhetischer Geister zum Hausbuch moralisch gefestigter Familienvorstände aufgestiegen ist. Dies gilt auch für das Exemplar des Mariengymnasiums

Unter den vielen handschriftlichen Anmerkungen in den weitgehend aus der Bindung gelösten Seiten finden sich zwei Hinweise auf Herkunft und Geschichte des ansonsten gut erhaltenen Werkes. Der Eigentumsvermerk „D. B.“ für „Ducis Bibliotheca“ auf der ersten Druckseite weist es als Teil der fürstlichen Sammlung Johann Ludwig II. von Anhalt (1688 – 1746) aus, der den Bestand von seinem Vater geerbt hatte. Als dauernder Landdrost wurde er nach der verheerenden Sturmflut von 1717 von Zerbst nach Jever geschickt, wo er den Deichbau vorantrieb und sich um das Wohl der Stadt verdient machte. Als er selbst 1742 regierender Fürst in Zerbst wurde, ließ er die über 1000 Bücher in der Marienstadt zurück. Der andere Eintrag in feiner Schönschrift weist als Eigentümerin Fürstin Sophia Augusta von Anhalt aus, möglicherweise jene Frederike Auguste Sophie, die mit der Pflege des Buchbestandes um 1800 einen Rektor des Mariengymnasiums beauftragte.

Quelle hierfür: Focke Tannen Hinrichs in der Festschrift des Mariengymnasiums

(Jeversches Wochenblatt vom 25. November 2000)